Segeln auf der Möwe

Segeln Jjsselmeer 2012, Enkhuizen, Medemblik, Stavoren.

 

 

 

Oliver Stuckert vom 27.April bis 1. Mai 2012

 Alle Namen, Orte und Begebenheiten sind frei Erfunden.

 

Seit einigen Jahren habe ich das Segeln für mich entdeckt. Da ein eigenes Boot sich aus verschiedenen Gründen nicht anbietet, organisiere ich meine Turns über das Internet.

Die Internetseite Hand gegen Koje ist hier z.B sehr hilfreich.

 

Dort stieß ich auch auf die Anzeige von Sebastian mit seiner Jacht Möwe.

Da Sebastian sein Boot auf dem Ijsselmeer liegen hat, welches nur ca.80 km von Emmerich entfernt liegt, bietet sich dieses Gewässer an.

 

Der Kontakt per Mail war schnell hergestellt und ein Termin vereinbart.

Sebastian hat das Mitsegeln (Kojencharter) als Firma angemeldet und man bekommt eine „richtige“ Rechnung mit Chartervertrag.

 

Als Mitsegler haben sich Freunde von Sebastian angemeldet, welche ich auf dem Boot kennenlernen würde.

 

Eine Mitnahmegelegenheit im Auto von Sebastian wurde per Mail vereinbart, da unsere Mitsegler bereits in der Früh aufbrachen, um sich das Ijsselmeer zu begucken.

 

Um die Verpflegung würde Sebastian sich kümmern, da er als Eigner und Skipper am besten weiß,  wie viel, wo und was eingekauft werden soll.

 

Am 27. April wurde ich also pünktlich an der Emmericher Autobahnbrücke von Sebastian aufgelesen. Die Fahrt verging recht schnell, da man sich noch kennenlernen wollte.

 

An der Marina angekommen wurde das Boot seetüchtig gemacht, und der Proviant als auch das Gepäck an Bord gehift.

Glücklicherweise kamen unsere Mitsegler recht schnell, da Sebastian den Beiden den Schlüssel mitgegeben hatte und selber nun keinen mehr mit sich führte!

 

Zum Transport des Gepäcks kann man sich Schubkarren ausleihen, welche den Transport erheblich erleichtern.

Das Rumgezerre und Geschleppe mit dem Gepäck, welches normalerweise einem Turn vorausgeht, ist mir ein echtes Greul.

 

 

 

An Bord sind die Kojen schnell vergeben. Unser Paar bekam die Bugkajüte, Sebastian blieb im Decksaloon und ich machte es mir in der Backbord- Heckkajüte „bequem“.

Diese ist so klein, das man rückwärts hineingehen muß,  wenn man Morgens vorwärts hinaus will…

Im Ernst: diese Hundehütten sind für 2 Personen ausgelegt. Dann muß man sich aber schon sehr gern haben!

 

Unser erste Abend an Bord der Möwe.

 

   Segelromantik

 

Der erste Abend wurde an Bord der Möwe verbracht. Hier gab es das Erste von dem Sebastian seinen <Spezial Gerichten>.

Es war kalter Fleischkäse in Blödchen gequetscht.

Wenn man nicht Teil des Zeremoniells ist, bzw. nicht eingeweiht wird, ist ein solches, nicht wirklich leckeres Essen, ein wenig befremdlich.

Dabei kann der Fleischkäse z.B. angebraten mit einem Spiegelei -ja sehr lecker sein!

 

Als Neuer unterwirft man sich den Regeln und harrt der Dinge welche da kommen mögen.

Vier Tage "Spezial Diät " ist nicht das Schlimmste…

 

28. April 2012

Am Morgen wurde dann Segelfertig gemacht (aufgeklart) und ausgelaufen. Wir hatten einen ordentlichen Wind, welcher mit einem <Hart am Wind>  Kurs abgefahren wurde.

Auf einem fremdem Boot, mit fremden Skipper und unbekannter Mannschaft, ist dies schon recht aufregend.

 

Sebastian und sein Kumpel sind ein eingespieltes Team und der Wind wird mit Hauptsegel (Groß) im ersten Reff genommen.

Dies macht man normalerweise nur,  wenn man Schiff und Mannschaft gut kennt.

 

Der Alu Kahn hält was er verspricht. Schnell und sicher durchpflügt er die Wellen des Ijsselmeeres.

Leider ist er nicht ganz so bequem wie ein Plastikschiff. So drückt sich mir auf der „unteren“ Bank eine Kante in das Kreuz.

An Kissen ist bei diesem Wind und Seegang nicht zu denken.

 

Allerdings werde ich durch Dünung, Wasser und dramatischen Bildern des eintauchenden Seezauns (Bordwand)  belohnt.

Gut,  man hätte auch weniger Segelfläche und einen etwas sanfteren Kurs wählen können aber Sebastian hatte seinen Spass.

  

Seezaun unter Wasser!

 

Gegen 15:30 Uhr erreichen wir die Marina in Stavoren

Hier werden wir als Erstes, nach dem Festmachen, mit einer warmen Dusche belohnt.

 

Es folgt eine weitere Spezialität von Sebastian.

Heute ist Pellkartoffel mit Sahne Heringen angesagt.

 

Man gut, dass der Turn bereits hinter uns liegt, denn so ein Fisch, der will Schwimmen.

Bei dem Seegang hätte es gut sein können, dass ich die Viecher sonst rückwärts in Ihre Freiheit entlassen hätte.

 

Sonst  habe ich zum Glück kein Problem mit  Seegang.

Aber auch das spielt sich alles im Kopf ab.

Wenn man sich freut und den Seegang bewußt genießt, bleibt  keine Zeit sich unwohl zu fühlen.

Konzentriert man sich aber auf seinen Magen, dann kann es gut passieren, dass Dieser sich zu Wort meldet.

 

Nach unserem Menü wird die Stadt besichtigt.

Hier ist der Kanal mit seinen zahlreichen  Zugbrücken und Plattbodenschiffen zu bestaunen.

Zugbrücke  mit Plattbodenschiff

 

Erst als wir die andere Marina erreichen,  erkenne ich den Ort.

Hier war ich vor einem Jahr mit Jürgen und seiner JOKE um einen „anderen“ Sebastian am Bahnhof abzusetzen.

 

Den Supermarkt wiederum habe ich auf Anhieb erkannt.!

Es wurde die Gelegenheit genutzt, um Reiseandenken für die Daheim gebliebenden zu erwerben.

 

Zurück auf dem Schiff wurde der Abend mit geistigen Getränken und  spannenden Erzählungen aus der Jugend meiner Mitreisenden verbracht.

 

 

 An Bord der Möwe

 

 

Am Morgen des 29. April 2012.

 

Gern stehe ich am Morgen früh auf, dann habe ich ein paar Minuten für mich allein.

Diese Zeit nutze ich dann, um Blödchen zu kaufen, mir die Stadt an zu sehen und um Fotos zu machen.

 

Tatsächlich konnte ich in der Innenstadt keine Bäckerei auskundschaften. Als Entschädigung konnte ich ein paar Bilder schießen.

Dafür konnte auf der Marina völlig überteuertes Backwerk erworben werden.

Lieber ein wenig teurer als ohne, das war an diesem Morgen nicht nur meine Devise.

 

Zum Frühstück ließen wir Mitreisenden uns die Blödchen schmecken, während Sebastian tapfer sein mitgebrachtes Zeug lümmelte.

 Am Morgen machten wir uns auf eine schwere See gefasst, um kurze Zeit später in einer Flaute bei Sonnenschein vor uns hin zu dümpeln.

 

Rauhe See und Sonnenschein lösten sich heute ab.

 

Gegen 17:00 Uhr konnten wir mit einem gelungenen Anlegemanöver in der Marina von Medemblik festmachen.

 

Sehr angenehm ist hier, dass Sebastian ein ruhiger Vertreter ist.

Kein Geblöke wie es sonst auf Charterschiffen üblich.

Allerdings weiß man auch nie, ob man es Ihm gut genug macht?

 

Was ist die Spiegelung und was die Realität?

 

Jetzt wollte die Mannschaft erst die Kultur und danach das Grauen.

Unsere Mitreisende  spekulierte hier auf leckere Pataat und Lange (Holländische Würstchen).

 

Leider wurden wir  enttäuscht.

In der Bude unseres Vertrauens war eine illustre Gesellschaft, welche bereits in vorgeschrittener Stimmung war.

 

Um hier mithalten zu können, fehlten uns einfach ein paar Stunden, mit der entsprechenden Füllung…

Damit an uns kein Anstoß genommen werden konnte, überließen wir das Etablissement dem Pöbel und ergaben uns unserem Schicksal.

 

Dieses kam in Form einer weiteren Spezialität von Sebastian: Nudeln mit Tunfisch in Tomatentunke. 

 

Nun Ja,  so konnte ich mich um so mehr auf mein Frühstück freuen.

 

Bei dem Spaziergang durch das schöne Medemblik entstanden zahlreiche Fotos mit Spiegelungen im Wasser.

 

Auf dem Nachbarschiff, in der Marina, hatten wir ein Geburtstagskind. Zu erkennen an dem dezenten Schmuck in der Kajüte.

Bei den herüber gerufenen Geburtstagswünschen konnten wir die Famille kennenlernen.

 

Der Eigner des Schiffs stellte sich als ein Bekannter von Sebastian heraus. Mit unterhaltsamen Seemansgarn verging so der Abend im Flug.

 

 

30.April 2012

 

Am Morgen schlich ich mich in aller Frühe von Bord. Bei einem Spaziergang um 7:00 Uhr durch den Ort bin ich normalerweise Mutterseelenallein.

Heute jedoch waren die Strassen, trotz der frühen Stunde, von Menschenmassen gefüllt.

Die Ursache war hier ein Flohmarkt welcher in der Innenstadt abgehalten wurde.

 

Mit frischen Blödchen beladen enterte ich kurze Zeit später unsere Möwe.

 Nach dem Frühstück, bei welchen Sebastian tapfer weiter seinen trockenen Proviant herunterwürgte,  wurde entschieden,  dass unsere Mitreisenden gern den Flohmarkt beguckt hätten 

Also wurde die Abreise etwas herausgezögert.

 

Erfreut nutzte ich die Gelegenheit die Stadt weiter zu erkunden. Dabei entstanden einige schöne Fotos im Nebel.

 

 

Medemblik Schloss

 

 Ablegen dann am späten Vormittag.

 

Heute war es fast Windstill. Daher ist nur ein kurzer Schlag geplant.

 

Auf dem Ijseelmeer ist ein windstiller Tag eine Katastrophe.

Normalerweise wird dann der Wind aus dem Diesel gewonnen.

 

Aber ECHTE Segler benutzen den Diesel (fast) nie.

 

Da bin ich ja eher ein schlechtwetter Segler. Hauptsache es geht vorwärts.

 

Wenn man sich nämlich auf dem Ijsselmeer befindet und keine Fahrt macht, dann kommen die Fliegen.

Diese sind zwar in so fern harmlos, als dass sie nicht stechen, aber…

 

Normales sitzen ist für mich Stadtkind dann nicht mehr erträglich.

Also bleibt mir nur das Fuchteln mit einem Hemd um die Viecher zu vertreiben.

Glücklicherweise frischt der Wind irgendwann auf und setzt meine Martyrium ein Ende.

 

Eine Zeit übernehme ich das Steuer, bei der Flaute keine Herausforderung, sondern eher Beschäftigungstherapie.

 

An diesen Abend sind wir in Enkhuizen.

 

Das Anlegen funktioniert mittlerweile reibungslos.

 

Sebastian und sein Kumpel legen des Abends die Segel zusammen. Unsere Mitreisende und ich sehen dabei in der Regel zu.

 

Sebastian hat den Dienstleistungsgedanken verinnerlicht.

Man muß seine Hilfe förmlich aufdrängen um einige Handschläge an Bord mithelfen zu dürfen.

Normalerweise ist bei Kojencharter üblich, dass die Mannschaft (nach einer Eingewöhnungszeit) die Manöver, nach Ansage des Skippers,  selbstständig durchführt.

 

Diese Art zu Reisen ist zwar sehr bequem, mir aber unangenehm.

Ich persönlich möchte beim Segeln noch etwas dazulernen und das geht eigentlich nur, wenn man selber mit Hand anlegt.

 

Tor zur Marina

 

Enkhuizen überrascht mit seiner tollen Innenstadt.
Malerisch liegen die Grachten unterhalb der wehrhaften Burganlage.

 

Am heutigen Königinnentag ist alles in Orange unterwegs.

 

Zeit für mich mein buntes (Oranges) Leibchen herauszuholen und überzustreifen.

So getarnt mische ich mich unter das feiernde Volk.

 

Feste Feiern, das können sie, unsere westlichen Nachbarn.

Ein Radrennen auf einem winzigen Rundkurs in der Innenstadt ist nur eins der Highlights.

 

Es spielt an verschiedenen Bühnen Live Musik. Alles tanzt und ist guter Laune.

Auf die BRD übertragen, wüsste ich nicht einmal,  wann Frau Dr. Merkel  Geburtstag hat…

 An diesem Abend wird natürlich ein weiteres  Festmal an Bord kredenzt.

 

Die vierte Spezialität von unserem Sebastian habe ich verdrängt.

War aber ähnlich schmackhaft wie die Vorausgegangenen, - sollte die Köstlichkeit mir noch einfallen, werde ich dies Euch Lesern nicht vorenthalten.

 

Den letzten Abend an Bord habe ich lesend verbracht.

Unser Pärchen ließ sich die Feierlaune nicht verderben und zog auf eine zweite Runde in die feierwütige Orange Meute.

 

 

1.Mai 2012

 

Abermals zieht es mich in der Früh aus der Koje.

 

Die Stille am Morgen hat eine ganz eigene Faszination.

Allein in einer fremden Stadt,  ist in der Früh die beste Gelegenheit diese kennen zu lernen.

 

Es gibt nur wenige Leute welche bereits unterwegs sind, man kann ungeniert in die Ecken starren und es hat noch keine Touristen.

Wenn dann noch das Licht stimmt, können schöne Urlaubsfotos entstehen.

 

Faszinierend ist, dass von der gestrigen Party fast nichts mehr zu sehen ist.

Nur vor  privaten Häusern sind vereinzelt noch Gläser oder (Pfandfreie) Flaschen zu sehen.

Ansonsten ist alles geleckt. Selbst die Bühnen sind komplett zurückgebaut !

 

 

 

 

 

Den morgendlichen Zauber eines Ortes kann man am besten allein und schweigend genießen.

 

 

Dabei entstehen Momente der Sehnsucht, Melancholie und Schönheit.

 

Diese Augenblicke sind es, welche mich immer wider in die Fremde treiben.

 

In einem solchen Augenblick habe ich das starke Bedürfnis diesen mit meiner Frau zu teilen. 

Leider kann sie meine Romantik nicht nachvollziehen, wenn ich dann am frühen Morgen mit ihr  telefoniere!

Meist reagiert sie nach anfänglicher Verwirrung aber verständnisvoll.

 

Mit meinen Blödchen beladen Enter ich die Möwe.

Wir Mitreisenden genießen das frische Backwerk. Sebastian hält  eisern (trotzig ?) an seinem drögen Tütengraubrot fest.

 

 

Ein letztes Ablegemanöver und dann zurück zum Heimathafen.

Nach einem kurzen Schlag sind wir im Heimathafen der Möwe.

 

Dank eines ordentlichen Windes ist der Schlag, unter vollen Segeln, in flotter Fahrt schnell vorüber.

Sebastian und sein Freund klaren das Schiff auf, während wir übrigen das Gepäck von Bord schaffen.

Abermals bin ich den Karren dankbar !

 

Mit dem üblichen Verabschiedungzeremoniell brechen wir in unseren Fahrzeugen auf.

 

Der Volvo Geländewagen unseres Päärchens  folgt Sebastians Golf, bis den Volvo sein unerträglicher Durst an eine Tankstelle zwingt.

Ein letztes Hupen, ein kurzes Winken und abermals sind Reisegefährten, welche kurz in mein Leben getreten sind, wider abgetaucht.

 

Sebastian setzt mich an der Emmerich Autobahnbrücke aus.

Als Spritbeteiligung wechseln noch ein paar  (20!)  Euro den Besitzer und dann ist er entschwunden.

 

Die 2 km bis zu uns sind Ihm zu weit, so das meine Frau, unsere Kinder in den Passat stopfen muß um mich abzuholen.

Mit dem Gepäck ist es mir leider nicht möglich, die wenn auch kurze Strecke,  laufend zurückzulegen.

Habe ich schon etwas über das Gezerre und Geschleppe gesagt?

 

So geht dieser Turn seinem Ende zu.

 

Das lautlose Gleiten über das Wasser, die wundvollen Geräusche an Bord in der Nacht, die historischen Städte und interessante Mitreisende.

 

Das alles lässt mich Hoffen, dass ich im nächsten Jahr einen neuen Turn erleben darf.

 

Fazit:

Das Ijseelmeer ist ein vollwertiges, anspruchsvolles und schönes Segelrevier.

Städte sind in den frühen Morgenstunden am schönsten.

Lieber mal einen rauen Ton an Bord, als gar keinen.

 

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